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Wenn Eltern, Lebenspartner oder sogar das eigene Kind plötzlich pflegebedürftig werden, sind die nachfolgenden Entscheidungen und Aufgaben keine leichte Angelegenheit, die man eben mal zwischen Tür und Angel erledigen kann. Damit dieser Prozess nicht zum Irrweg durch Ämter und Behörden wird, sind nachfolgend die wichtigsten Punkte angesprochen, mit denen man sich auseinandersetzen muss und bei denen man sich gezielt Hilfe und Unterstützung holen kann.
Wie wird Pflegebedürftigkeit heute definiert?
Ab wann ein Mensch vor dem Gesetz als pflegebedürftig eingestuft wird, hängt sowohl von der rein praktischen Entscheidung als auch von der medizinischen Einschätzung und Diagnose ab. Im Zuge der Pflegereform wurde der Begriff der Pflegebedürftigkeit zum 01.01.2017 überarbeitet und neu definiert. (Quelle: https://www.pflege.de/pflegende-angehoerige/pflegefall/pflegebeduerftigkeit) Nach dem SGB XI ist ein Mensch dann als pflegebedürftig einzustufen, wenn er „ … wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung im Bereich der Körperpflege, der Ernährung, der Mobilität und der hauswirtschaftlichen Versorgung auf Dauer – voraussichtlich für mindestens sechs Monate – in erheblichem oder höherem Maße der Hilfe bedarf …“. Vom Gesetz her handelt es sich also um eine allgemeine Pflegebedürftigkeit, die jedoch mit einer kurzfristigen und absehbaren Zeit der Pflege nichts gemein hat. Wenn man von Pflegebedürftigkeit mit all ihren Herausforderungen für Betroffene und Angehörige spricht, steht damit immer auch die Pflegegrad im Zusammenhang.
Ein plötzlicher Pflegefall erfordert überlegtes Vorgehen
Zunächst einmal muss der Pflegebedarf erfasst werden. Denn immerhin gibt es unterschiedliche Grade der benötigten Pflege. Während der Vater aufgrund seines Alters vielleicht morgendliche und abendliche Hilfe bei der Körperpflege und beim Einkaufen benötigt, braucht der Lebenspartner nach einem Unfall zum Beispiel eine Betreuung rund um die Uhr, weil er in seiner Bewegung komplett eingeschränkt ist. Da es als Angehöriger meist recht schwierig ist, den tatsächlichen Pflegebedarf realistisch einzuschätzen, gibt es beispielsweise den Pflegegradrechner von pflege.de. (Quelle: https://www.pflege.de/pflegende-angehoerige/pflegefall/#pflegebedarf, Zugriff: 04.04.2017) Über dieses einfach zu handhabende Tool lassen sich der Unterstützungsbedarf sowie die eventuelle Selbstständigkeit bei einzelnen Tätigkeiten eintragen. Daraus lässt sich dann der voraussichtliche Grad der Pflegebedürftigkeit errechnen. Sollten sich mittels dieser Berechnung herausstellen, dass möglicherweise eine Pflegebedürftigkeit nach den Bemessungsgrundlagen vorliegt, ist es ratsam, sofort einen Antrag auf Pflegegrad zu stellen. Zeitnah wird sich anschließend ein Gutachter des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung, kurz MDK persönlich vorstellen und sich ein Bild über die individuellen Gegebenheiten und Ansprüche machen. Doch auch ein Pflegeberater, den man im Übrigen kostenlos in Anspruch nehmen kann, hilft bei der Erfassung des Pflegebedarfes und unterstützt bei der Antragstellung für den Pflegegrad. Einen solchen Berater kann man direkt bei der Kranken- und Pflegekasse oder auch bei sogenannten örtlichen Pflegestützpunkten finden und ansprechen, sobald ein Familienmitglied plötzlich pflegebedürftig wird.
Während der Antrag auf Pflegegrad noch durch behördlichen Mühlen gedreht wird, macht es im zweiten Schritt bereits Sinn, sich mit der Familie und dem Betroffenen zusammenzusetzen und über die passende Form der Pflege zu entscheiden. Soll der plötzlich Pflegebedürftige zu Hause gepflegt werden, ist es wichtig herauszufinden, ob diese Pflege mit Beruf und Familie vereinbart werden kann. Dazu gehört aber auch die Überlegung, ob die eigene Wohnung ausreichend ausgestattet ist oder ob beispielsweise für eine Barrierefreiheit oder ein entsprechendes Pflegebett gesorgt werden muss. Natürlich sollte niemals außer Acht gelassen werden, dass die pflegende Person selbst den Belastungen einer häuslichen Pflege gewachsen ist. Dieser durchaus immer beliebter werdenden häuslichen Pflege stehen die Form der ambulanten oder der stationären Pflege gegenüber. Ausschlaggebend ist bei dieser Entscheidung nicht zuletzt der Grad der Pflegebedürftigkeit. Während die Mutter aufgrund von Altersbeschwerden vielleicht auch mit einer ambulanten Pflege gut und größtenteils selbstbestimmt ihr Leben in der eigenen Wohnung gut meistern kann, ist bei einem bettlägerigen Familienmitglied mit schweren gesundheitlichen Problemen und einer nötigen medizinischen Überwachung durchaus die stationäre Pflege die sinnvollere Wahl. Im Rahmen dieser Familienbesprechung können dann auch gleich organisatorische Dinge geklärt werden. So bietet es sich im Falle einer häuslichen Pflege durchaus an, dass einzelne Familienmitglieder sich abwechseln und jede feste Aufgabe übernimmt.
Als abschließender Schritt bei plötzlicher Pflegebedürftigkeit gilt es, auch an den finanziellen Aspekt zu denken und rechtliche Voraussetzungen zu erfüllen. Da es nur zu oft passiert, dass jemand keine Vorsorge für den Fall einer plötzlichen Pflegebedürftigkeit getroffen hat, kann in einer solchen Situation dann mit Hilfe des Vormundschaftsgerichtes ein Betreuer bestimmt werden. Dafür muss bei dem zuständigen Amtsgericht ein Betreuungsantrag gestellt werden. Im Idealfall aber hat der Familienangehörige schon im Vorfeld eine Vorsorgevollmacht, eine Betreuungsverfügung sowie eine Patientenverfügung ausgestellt. Zu den rechtlichen Voraussetzungen, die unbedingt geschaffen werden sollten, gehört zunächst die Vorsorgevollmacht. Diese Vollmacht regelt, wer aus der Familie in welchem Maße Entscheidungen über den Verbleib während der Pflegezeit fällen darf oder wer bei einer Handlungsunfähigkeit der zu pflegenden Person deren Bankgeschäfte erledigt. Neben dieser Vollmacht gibt es dann noch die Betreuungsverfügung, die in erster Linie klar regelt, welcher Familienangehörige im Bedarfsfall zum Betreuer wird. Diese Aufgabe beinhaltet unter anderem auch die Verfügung oder Bevollmächtigung, welche ärztlichen Heilbehandlungen durchgeführt werden sollen, wie die Pflege organisiert wird oder welcher Heimvertrag abgeschlossen wird. Mit einer Patientenverfügung entscheidet der Betroffene bereits vor einer plötzlich eintretenden Pflegebedürftigkeit darüber, welche medizinischen Schritte im Ernstfall ergriffen werden dürfen oder sollen.
Wenn jemand ganz plötzlich pflegebedürftig wird, steht zu guter Letzt immer auch die Frage nach der finanziellen Absicherung im Raum. Pflege und Lebensunterhalt verursachen natürlich auch in diesem Lebensabschnitt Kosten, und das nicht zu knapp. Zunächst wären da die Leistungen in Form von Pflegegeld, das nach Höhe des Pflegegrades gestaffelt, von der Pflegekasse übernommen beziehungsweise gezahlt werden. Zusätzlich zahlt die Pflegeversicherung auch Hilfsmittel, welche die Pflege erleichtern. Darüber hinaus sind es aber immer auch die Angehörigen, vor allem die leiblichen Kinder, die ihren Eltern gegenüber in einem solchen Fall unterhaltsverpflichtet sind. Sollte der sogenannte Elternunterhalt nicht aufgebracht werden können, stehen soziale Träger unterstützend zur Seite, um den finanziellen Pflegebedarf abzudecken und zu sichern.
Wenn ein Familienmitglied plötzlich pflegebedürftig wird, sehen sich Angehörige einer Vielzahl von Problemen und Fragen gegenüber. Diese lassen sich Schritt für Schritt und mit der nötigen Ruhe und Unterstützung aber lösen.